Regency Roses – Eine Lady in Not

Drei Dinge braucht eine Lady, um eine gute Partie zu machen: eine noble Herkunft, eine hohe Mitgift und gutes Aussehen.
Emma Morten besitzt nichts davon.

England 1813
Emma Morten, Tochter eines einfachen Landedelmanns, hat nur eine Möglichkeit, dem Dasein als Gesellschafterin ihrer schrecklichen Großtante zu entgehen: Sie muss heiraten. Ihre Chancen dafür stehen allerdings denkbar schlecht, denn ihr Vermögen ist ebenso gering wie ihr Stand und ihre Schönheit. Dass Emma klug, wortgewandt und politisch interessiert ist, macht die Angelegenheit nicht einfacher, denn all dies ist für eine Dame nicht vorgesehen.
William St. Clair, neuer Earl of Huntington, ist einer der begehrtesten Junggesellen der Saison. Für Mauerblümchen wie Emma hat er bloß Verachtung übrig. Als dem Earl jedoch ein gesellschaftlicher Skandal droht, ist es ausgerechnet Emma, die ihn davor bewahren kann. Soll sie dem Mann helfen, der sie öffentlich verspottet hat?

388 Seiten

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Leseprobe – Eine Lady in Not

Derbyshire, Sommer 1801

»Jetzt darfst du deine Augen wieder aufmachen, Charles!«
Emma ließ die Hand ihres Großcousins, der ein paar Ferientage bei ihnen verbrachte, los, trat einen Schritt beiseite und sah erwartungsvoll zu ihm auf. Charles war vor kurzem dreizehn geworden und überragte sie um mehr als zwei Köpfe.
Charles hatte sich nur nach viel Überredungskunst und der Zugabe von drei Bonbons von Emma mit geschlossenen Lidern führen lassen und folgte ihrer Aufforderung prompt. Gründlich schaute er sich auf der kleinen Anhöhe stehend in alle Richtungen um. Im Süden lag Darren House, woher sie gekommen waren. Der kleine, symmetrische Backsteinbau mit den hohen, weiß ummauerten Sprossenfenstern leuchtete in der Morgensonne und schmiegte sich in die Landschaft, als hätte er schon immer hier gestanden. Zu allen anderen Seiten erstreckten sich sanfte Hügel mit Wiesen, Hecken und Hainen, die im Norden und Westen in einen dunklen Forst übergingen. Gleich unterhalb des Buckels glitzerte ein Bach, an dessen Ufer sich eine alte Trauerweide erhob.
»Jetzt gib zu, dass ich recht habe«, drängte Emma, weil Charles immer noch nichts sagte. »Mit Darren House gehört meinem Vater das schönste Anwesen in Derbyshire.«
»Es ist ganz nett«, ließ Charles sich endlich zu einer Antwort herab. Dann wandte er den Kopf zu ihr und grinste. »Wer zuerst unten an der Weide am Bach ist!« Er hatte noch nicht ausgesprochen, da rannte er bereits den Hügel hinab.
Emma raffte die Röcke ihres knöchellangen Kleides aus geblümtem Leinen und nahm die Verfolgung auf. Charles mochte größer und älter sein als sie, doch für eine Achtjährige war sie hoch gewachsen und besaß lange Beine. Ihre Füße in den schwarzen Stiefeletten flogen nur so übers Gras, ihr offenes Haar wehte im Wind und Charles’ Vorsprung schmolz dahin. Als Emma durch die Äste der Weide tauchte, war sie mit ihm gleichauf und berührte schließlich eine Armlänge vor ihrem Großcousin den dicken Stamm. In Emmas Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.
»Gewonnen!« Keuchend vor Anstrengung wirbelte sie zu Charles herum. »Das hier ist übrigens mein Lieblingsplatz.«
Charles, ebenfalls kurzatmig und mit roten Backen, betrachtete die Trauerweide. Sein missmutiger Blick über seine Niederlage entging Emma nicht – und wunderte sie. Früher war Charles stets ein guter Verlierer gewesen. Allerdings hatte sie in den vergangenen Tagen öfter feststellen müssen, dass er sich seit seinem letzten Besuch verändert hatte. Immer wieder benahm er sich, als gehöre er schon zu den Erwachsenen.
Zu ihrer Erleichterung nickte Charles jedoch. »Ein guter Ort«, lobte er. »Wie gemacht für ein Geheimversteck.«
»Wir können aus den Ästen am Bachufer eine Hütte bauen«, rief Emma, begeistert von dieser Idee. »Die gehört dann nur uns.«
Charles verschränkte die Arme und tat auf einmal wieder sehr erwachsen. »Die Hütte würde mir gehören.«
»Wie bitte?« Empört sah Emma ihn an. »Wenn wir die Hütte gemeinsam bauen, dann gehört sie uns beiden. Sonst ist das ungerecht.«
»Frauen besitzen keine Häuser, nur Männer.«
Emma wollte widersprechen, doch dann fiel ihr ein, dass sie ihre Eltern vor einiger Zeit über dieses Thema hatte reden hören. Allerdings konnte sie sich an die Unterhaltung nicht mehr richtig erinnern. »Aber die Hütte stände doch auf dem Land meines Vaters«, erwiderte sie.
»Na und?« Überlegen blickte Charles auf sie herab. »Das Land gehört dir deshalb noch lange nicht und wird es auch nie.«
»Warum nicht? Meine Eltern haben kein anderes Kind.« Mutter und Vater sagten zwar oft, dass sie sich ein Geschwisterchen für Emma wünschten, doch bis jetzt war sie immer noch alleine. »Wer außer mir sollte später Darren House bekommen?«, wollte sie daher wissen.
»Ich.«
Konnte das stimmen?
»Du lügst«, entgegnete sie, um ihre steigende Unsicherheit zu überspielen. Er wollte sie bestimmt bloß ärgern.
»Frag deinen Vater«, erwiderte Charles, offensichtlich verstimmt darüber, Schwindler genannt zu werden. »Wenn er stirbt, erbt mein Vater Darren House, denn er ist der nächste männliche Verwandte. Und nach meinem Vater erbe ich.« Er zuckte mit den Schultern. »Außer, du bekämst doch noch einen Bruder. Dann wäre er der Erbe.«
Sie konnte es kaum glauben. Warum hatten die Eltern bisher nie mit ihr darüber gesprochen?
»Wenn du alles erhältst«, stammelte sie, »was wird dann aus mir?«
»Du musst hoffen, dass irgendein Verwandter so großzügig ist, dich aufzunehmen.« Charles riss ein Blatt von den Zweigen der Trauerweide und zerpflückte es in den Händen. »Wenn du alt genug bist, kannst du auch heiraten. Dann bist du eine Lady und lebst auf dem Besitz deines Mannes.«
Bei seinen letzten Worten stieß Emma die Luft aus, die sie unbewusst angehalten hatte. Warum hatte Charles das nicht gleich gesagt? Ihr Schrecken war vollkommen umsonst gewesen.
»Dann ist ja alles in Ordnung«, sagte sie erleichtert. »Du heiratest mich und ich kann weiter in Darren House leben.«
Charles schnaubte belustigt. »Sicher nicht.«
»Warum nicht?«, stotterte sie, verwirrt, dass er ihren Plan ablehnte. »Wir vertragen uns doch gut.« Zumindest war es bisher so gewesen. Charles hatte ihr das Schnitzen beigebracht, sie waren im Keller von Darren House auf Gespensterjagd gegangen und hatten Kekse aus der Vorratskammer stibitzt.
»Stimmt, wir vertragen uns gut«, erwiderte er. »Trotzdem will ich dich nicht heiraten.«
»Aber wieso nicht?«
Kichernd zeigte Charles mit dem Finger auf sie. »Hast du schon mal in einen Spiegel geschaut?« Er wies zum Bach hinüber. »Mach es. Dann weißt du die Antwort.«
Verwundert trat Emma ans Ufer. Hatte sie einen Schmutzfleck im Gesicht? Sie blickte ins Wasser und zuckte gleich darauf mit den Schultern. Das verschwommene Mädchengesicht, das ihr entgegenschaute, sah aus wie immer.
»Du bist einfach nicht hübsch«, erklärte Charles. »Deine Augen sind schlammig grün wie Krötenlaich, deine Lippen blass wie Wachs und deine Haare sehen aus wie das Fell eines Straßenköters.«
Gekränkt über seine Beurteilung fuhr Emma zu ihm herum. »Ich bin schön!«, widersprach sie. Bisher hatte sie sich kaum Gedanken um ihr Äußeres gemacht. Ihre Mutter wurde von allen als große Schönheit bezeichnet und Emma hatte angenommen, zu einer ebensolchen heranzuwachsen. »Du bist nur neidisch, weil ich schneller rennen kann als du.«
»Ja, für eine Achtjährige bist du ziemlich schnell«, gab Charles zu. »Aber schön bist du auf keinen Fall. Das sagt meine Mutter jedes Mal zu meinem Vater, wenn sie dich wiedergesehen hat.«
Emma presste die Lippen aufeinander. Sie hatte nie große Zuneigung für ihre Großtante empfunden – und jetzt noch viel weniger. »Was sagt deine Mutter sonst noch über mich?«, stieß sie hervor.
»Für ein Mädchen wärst du zu vorlaut und zu ungestüm«, erwiderte Charles unverblümt. »Weshalb es noch viel bedauerlicher für dich sei, nicht hübsch auszusehen.«
Unwillkürlich fasste Emma sich ins Gesicht. War sie wirklich farblos und unscheinbar wie Charles und seine Mutter behaupteten? Sie musste mehrmals schlucken, bevor sie antworten konnte.
»Du kannst mich trotzdem heiraten«, sagte sie, um Fassung bemüht, wie es sich für eine Dame gehörte. »Das Aussehen ist doch nicht so wichtig.«
Charles schüttelte den Kopf. »Ich will eine schöne Frau«, ließ er sie wissen. »Die anderen Männer sollen mich beneiden, nicht bemitleiden.«
Das war zu viel! Emma vergaß jedes damenhafte Benehmen, holte mit dem Fuß aus und trat ihm ans Schienbein. Dann drehte sie sich um und rannte fort, damit er die Tränen der Wut und Scham in ihren Augen nicht entdeckte.
Hinter ihr erklang Charles’ verärgertes Schnauben. »Ich bekomme später Darren House«, schrie er ihr nach. »Du bekommst nichts, Emma. Bestimmt nicht mal einen Ehemann.«

Schauplätze des Romans

Lust auf eine Zeitreise ins England des Regencys? Im Oktober 2019 führte mich eine Recherchereise nach London. Von meinem Spaziergang durch das berühmte Stadtviertel Mayfair und an weitere geschichtsträchtige Orte in Englands Hauptstadt habe ich einige der schönsten und interessantesten Plätze ausgesucht und mit Zitaten aus meinen Romanen und spannenden Infos versehen. Ausgerüstet mit einem Stadtplan und dem empfehlenswerten Buch „Walks through Regency London“ von Louise Allen startete ich meine Erkundungstour auf den Spuren meiner Heldinnen und Helden aus den „Regency Roses“-Romanen.

Tante Grace nickte zufrieden. »Und jetzt zieht euch um. Es wird Zeit für unsere erste Fahrt durch den Hyde Park.«
Wenig später saßen sie zu dritt in einem offenen Landauer und Emma gab sich Mühe, Gelassenheit und Eleganz auszustrahlen, während sie sich fasziniert umsah. Ihr Interesse galt gleichermaßen dem hübschen Park wie all den Menschen, die dort verweilten. Damen und Herren zu Fuß, zu Pferde und in Kutschen, alle aufs Modischste herausgeputzt.
»Zu dieser Stunde muss man hier sein«, ließ ihre Tante sie wissen. »Eine weitere Gelegenheit, Bekanntschaften zu schließen oder einem jungen Gentleman ins Auge zu fallen, der einen im Gedränge eines Ballsaals vielleicht übersehen hat.«

Dieser Sandweg im Hyde Park ist die sogenannte „Rotten Row“, in der während der Saison die High Society zu flanieren pflegte – zu Fuß, zu Pferd und in der Kutsche wie Emma, ihre Tante und ihre Cousine. Sehen und gesehen werden lautete das Motto. Ursprünglich war die Rotten Row der Fahrweg König William III. von Whitehall zum Kensington Palace. Die 1690 fertiggestellte Rotten Row war die erste beleuchtete Straße im Königreich, um bei nächtlichen Kutschfahrten besseren Schutz vor Straßenräubern zu haben. In den 1730er Jahren wurde sie als öffentlicher Reitweg freigegeben, wobei das Galoppieren ausdrücklich verboten war. In Parknähe gab es Reitställe, bei denen man sich Pferde für einen Austritt im Park mieten konnte. Auch bei meinem Besuch im Hyde Park habe ich mehrere Reiter auf ihr gesehen. Ursprünglich hieß die Straße „Rue du Roi“ (franz.: Straße des Königs). Mit der Zeit wurde Rotten Row daraus.

London, 12. April

Die Geräusche der Stadt weckten Emma am Morgen aus ihrem Schlaf. Nun war sie schon fünf Tage in London, doch an den Lärm hatte sie sich noch nicht gewöhnt. Das Rattern der Kutschenräder auf dem Straßenpflaster, das Rufen der Zeitungsjungen, die Unterhaltungen der Passanten vor dem Fenster. Dabei lag das Stadthaus ihres Onkels und ihrer Tante in der ruhigen Half Moon Street und nicht etwa an einem belebten Ort wie der Oxford Street oder der Bond Street. Aber für Emma, die niemals zuvor in London gewesen war, war es wie eine andere Welt: faszinierend, aufregend und ja, auch ein wenig erschreckend.

Die Half Moon Street erhielt ihre Bezeichnung aufgrund eines Pubs dieses Namens, der sich einst dort befand. Die Straße wurde ab 1730 angelegt und verbindet Piccadilly im Süden mit der Curzon Street im Norden. Sie findet nicht nur bei mir Erwähnung, sondern auch in Theaterstücken, Filmen und Romanen.

 

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