Algernon Eastwick – oder wie ein Name einer Autorin schlaflose Nächte bereiten kann.
Aber starten wir am Anfang. Winter 2021.
Ich schreibe an Schneesturm ins Glück und brauche einen Namen für eine Nebenfigur. Ich suche mir mehrere Vor- und Nachnamen aus, notiere sie auf ein Schmierblatt und entscheide mich nach einigem Überlegen für den, der am besten zur Figur passt.
Fertig, denke ich.
Ja. Zumindest was Schneesturm ins Glück betrifft. Doch ein Name auf der Liste lässt mich nicht los. Algernon Eastwick. Er gefällt mir so gut, dass ich ihn mir in mein Regency Roses-Notizbuch schreibe, um ihn im nächsten Band zu verwenden.
Zeitsprung. Herbst 2022
Ich schreibe an Rendezvous mit einem Dieb. Algernon Eastwick habe ich nicht vergessen. Während ich Seite um Seite tippe, warte ich auf eine Figur, die diesen Namen tragen soll. Die männliche Hauptfigur scheidet aus, denn das ist ja der Domino (und wie der im wahren Leben heißt, weiß ich schon SEHR lange.) Also eine Nebenfigur.
Ich schreibe. Und schreibe. Inzwischen bin ich bei der ersten Ballszene. Da! Wie wäre es mit diesem netten Gentleman, der sich in die Schwester der Heldin verliebt? Probeweise benenne ich den jungen Mann Algernon Eastwick. Aber schon nach wenigen Sätzen merke ich: das passt nicht. Er ist nicht Algernon Eastwick. (Der Kavalier heißt nun Mr. Littwick-Litherby, aber das nur am Rande).
Also schreibe ich weiter. Szene um Szene, Kapitel für Kapitel. Zwar tauchen weitere Herren auf, aber sie spielen keine zentrale Rolle. Aber die sollte Algernon Eastwick schon haben, sagt mein Bauchgefühl inzwischen. Und ich verstehe. Mr. Eastwick soll nicht einfach irgendeine Nebenfigur werden, sondern eine Figur, die im nächsten Regency Roses Band dann die Hauptfigur wird. So wie Sebastian Colbourne. So wie Elias Caine, der Lord ohne Lächeln. Wie Jack Parker, Felicity Sims und jetzt der Domino.
Begeistert schreibe ich weiter, nur um zu merken, dass das die Sache nur komplizierter macht. Inzwischen bin ich weit über der Hälfte. Wo bleibt mein genialer Einfall, der Algernon Eastwick endlich ins Spiel bringt?
Inzwischen ist es Januar 2023.
Ich bin im letzten Drittel. Alle Figuren, die ich in meiner Plotplanung vorgesehen hatte, sind eingeführt. Und nun? Mr. Eastwick, wo bist du?
Das Buch neigt sich dem Ende zu. Das Schreiben geht mir schnell wie nie von der Hand. Ich freue mich schon auf das Wort Ende, gleichzeitig fürchte ich es. Algernon, es wird höchste Zeit für deinen Auftritt!
Der Showdown. Meine letzte Chance, Mr. Eastwick noch halbwegs sinnvoll unterzubringen. Aufs Geratewohl schreibe ich ihn in eine Szene hinein, er bekommt dort eine kleine Interaktion mit dem Domino. Doch da ich immer noch nicht weiß, wer Algernon wirklich ist und welche Geschichte er später bekommen soll, bleibt seine Figur blass. Nicht mal etwas sagen darf er.
Das fällt im März auch meiner Lektor*in auf. „Diese Figur wirkt wie ein Pappaufsteller“, notiert sie an den Rand des Textes. „Gib ihr ein paar Dialogzeilen.“
Würde ich ja gerne! Aber welche? Ich weiß immer noch nicht, wer Algernon Eastwick sein soll. Ich werde noch verrückt. Dieser Mann ist wie ein Phantom! Als ob es ihn gar nicht gibt. Soll ich ihn einfach streichen? Doch der Name bringt etwas in mir zum Klingen, er verlangt nach einer Geschichte.
Verzweifelt beiße ich in einen Schokohasen, denn mittlerweile ist es Ostern. Ich habe das komplette Manuskript nach dem Lektorat überarbeitet, nur das mit dieser Figur bekomme ich nicht hin!
Der restliche Schokohase muss auch noch daran glauben. Und während ich das Zellophanpapier zu einer Kugel zerknülle, geht mir ein Satz nicht mehr aus dem Kopf.
Als ob es ihn gar nicht gibt.
Ich verschlucke mich fast an der Schokolade. Kann DAS die Story hinter dem Namen sein? Eine Hauptfigur, die aus bestimmten Gründen eine andere Identität annehmen muss und sich dafür den Decknamen Algernon Eastwick aussucht? Wollte mir mein schriftstellerisches Unterbewusstsein das die ganze Zeit über mitteilen?!
Und während ich so dasitze, nimmt die vage Idee Gestalt an. Plötzlich weiß ich, warum mein Held zu Algernon Eastwick wird, welches Geheimnis er zu verbergen hat. Und das Beste: Es passt hervorragend zu meiner Vorstellung der Heldin, die ich ein paar Wochen zuvor skizziert hatte.
Lächelnd schnipse ich das Zellophankügelchen über den Tisch. Ich würde sagen, Teil 7 der Regency Roses-Reihe ist definitiv in Sichtweite 😊
Das Ende der Geschichte. Algernon Eastwick findet in Rendezvous mit einem Dieb keine Erwähnung. Er bekommt seinen großen Auftritt erst im nächsten Band.
Das hätte mir mein Unterbewusstsein gerne etwas früher sagen dürfen!